Kinder, Kirche, Missbrauch (2)
Dr. Wolfram Janzen/ Dagmar Bleil
Pädophilie und Päderastie – was ist das? Je höher und umfassender die Werte und Normen einer Gesellschaft sind, desto größer ist das Problem der sexuellen Abweichungen (Perversionen). Eine „Perversion“ ist ein sexuelles Verhalten, das in der bestehenden Gesellschaft nicht gewünscht und toleriert wird.
Bei den Lebscha in Indien werden Mädchen ab dem 6. Lebensjahr mit Männern unterschiedlichen Alters verheiratet: Bis zur Geschlechtsreife kommt es nicht zum Geschlechtsverkehr. Betrachtungen, Berührungen, Handlungen am Körper des Ehemannes sind erlaubt und gewünscht. Das Problem der Pädophilie kennen die Lebscha nicht. Es ist bekannt, dass es bei den alten Griechen zur Ehre eines jungen Mannes gehörte, einen älteren Freund zu haben, wobei der „pädagogische Eros“ sich auf eine liebevolle pädagogische Zuwendung, aber auch auf die sexuelle Befriedigung beziehen konnte. Päderastie gehörte zur Kultur.
PÄDOPHILIE
ist die erotische Beziehung und sexuelle Neigung zu Kindern. Der Mann, selten Frauen, erzielt sexuellen Lustgewinn auf Kosten des Kindes. Pädophilie ist in unserer Kultur sehr geächtet, weil Kinder als „unschuldig“ gelten und es besonders im Falle von Mädchen oft zur totalen Erniedrigung bis zum Tode des Mädchens führen kann
Männer, die das betreiben, sind keine „Wüstlinge“ mit überstarkem Trieb, sondern schwach, unsicher. Sie sind in ihrer Sozial- und Identitätsentwicklung gehemmt. Auf Grund frühkindlicher Erfahrungen mit ihrer Mutter haben sie ein ambivalentes Verhältnis zur erwachsenen Frauen und haben Ängste vor einer erwachsenen Beziehung. So suchen sie sich für ihre Triebbefriedigung ( Liebe, Haß) Kinder.
Nicht wenige pädophile Männer suchen sich pädagogische Berufe und fallen dort durch ein überaus starkes Engagement auf. Für sie sind Kinder aber nicht sexuelle Objekte, sondern
bieten ihnen Raum für liebevolle Gefühle und die Möglichkeit zur Nachreifung ihrer Identität. Sie können ihre sexuelle Neigung zu Kindern „sublimieren“, d. h. in eine sozial nützliche Sphäre heben. Aber nicht allen gelingt es, ihre Strebungen immer zu sublimieren.
Pädophilie kann aber auch bei Jugendlichen vorkommen, die in der Gesellschaft keinen Fuß
fassen können. Sie sind teils minderbegabt, teils sozial ausgegrenzt. Kinder bieten ihnen die Möglichkeit sich abzureagieren.
Interessant zu wissen ist, was die Lebscha in Indien gut beobachtet haben. Im Alter von 6 bis 8 Jahren kommt jeder Mensch in die Lebensphase, die der Begründer der Psychoanalyse, Siegmund Freud, als „ödipale Situation“ bezeichnet hat ( nach der altgriechischen Sagengestalt des Ödipus, der, ohne es zu wissen, seine Mutter geliebt und geheiratet hat). Das eigene Geschlecht wird in dieser Phase erkannt und benannt. Die Mädchen verlieben sich in ihren Papa, die Jungen in ihre Mama – um später einmal so einen tollen Partner zu besitzen.
In diesem Alter sind Kinder neugierig und empfänglich für sexuelle Spielchen – wohl jeder erinnert sich an Entsprechendes in seiner Kindheit. Pädophile nutzen das oft aus und nicht selten wird dann ein sogenannter sexueller Missbrauch als zunächst befriedigend erlebt. Doch die Werte unserer Gesellschaft machen ein schlechtes Gewissen und deshalb wird aus Angst vor den Eltern nichts gesagt. Oft empfinden Menschen die Ereignisse im Nachhinein als entwürdigend (was sie nicht selten auch waren) und es belastet sie ein Leben lang. Später, viel später, wenn die Tragweite erkannt wird und der Mut dazu da ist, melden sich dann diese Leute zu Wort.
Natürlich gibt es auch andere Gründe als die hier genannten, um Lehrer, Pfarrer, Sozialarbeiter etc. zu werden. Nicht jeder ist pädophil. Übrigens: unbewusste Gründe zur Befriedigung von Trieben, die aus der Kindheit herrühren, gibt es in allen Berufen.
PÄDERASTIE
Ist eine sexuelle Neigung vom Manne zu älteren Knaben. Diese Männer suchen Plätze, in denen sich ausschließlich heranwachsende Knaben befinden. Die katholische Kirche ist in Hinsicht auf ihre führenden Ämter eine „Männergesellschaft“, die päderastisch veranlagte Männer anzieht. Übrigens erfolgt diese Berufswahl aus sexuellen Strebungen nicht bewusst
Die Motive sind verdrängt und werden ausgeklammert, bis der Trieb kulminiert, eine Spitze erreicht, und befriedigt werden will. Päderasten sind eher behutsam im Beschauen, Anfassen oder Belästigen eines Knaben. Selten kommt es zu brutalen Übergriffen. Sie vermitteln den Knaben oft auch wertvolle Erfahrungen im gefühlsmäßigen, geistigen, religiösen Bereich.
Wie ich – der theologische Mitverfasser dieser Zeilen – aus eigener Erfahrung weiß – ich bin in einem kirchlichen Internat zur Schule gegangen – ist es Jugendlichen in der Regel möglich, die Gefahr einer allzu großen Annäherung eines Erziehers zu erkennen und aus dem Wege zu gehen. Kommt es zu sexuellen Übergriffen, hat dies auch hier für die Betroffenen oft schädliche Auswirkungen. Im christlichen Milieu gilt derlei Verhalten als schwere „Sünde“ und so kommen besonders belastende Gewissenskonflikte zustande. Auch hier gilt: es gibt natürlich die Möglichkeit zur Sublimation und nicht jeder Priester oder Erzieher hat eine päderastische Neigung. Vor Allgemeinerung sollte man sich hüten.
Und mal ehrlich: was nützt dem päderastisch veranlagten Pfarrer eine Ehefrau – wenn er sich nach Knaben sehnt? Die Aufhebung des Zwangszölibats für Priester – so wünschenswert sie
unserer Auffassung nach wäre - löst das Problem nicht, entgegen der weit verbreiteten Auffassung!
Sinnvoller wäre es, die katholische Kirche würde auch Frauen als gleichberechtigte Studierende und zum Priesteramt zulassen, dann würden vielleicht weniger päderastisch veranlagte Männer diese Ausbildung suchen.
Fortsetzung morgen
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